Montag, November 09, 2015

Donauprojekt im November: Ungarn

Heute habe ich die Biographie der iranischen Autorin und Literaturprofessorin Azar Nafisi ausgelesen, eine Biographie, die mich sehr berührt hat. Wie in all ihren Büchern hat Nafisi über die Literatur geschrieben, und wie sehr Bücher wichtig für uns sind. Hier hat sie dann auch über die Spannungen in ihrer Familie erzählt, über ihre Ausbildung und ihre Auslandsaufenthalte als Schülerin/Studentin. Das Buch war aber nicht nur eine Autobiographie, sondern ein Zeitdokument über den Iran zu Zeiten von Shah Mohammad Reza Pahlevi, über die islamische Revolution und das Regime von Khomeini, und den Entschluss der Autorin, ihre Heimat zu verlassen und in Amerika mit ihrer Familie ein neues Leben zu beginnen. Azar Nafisi musste aus dem Iran nicht flüchten, sie ist einer Berufung an eine amerikanische Universität gefolgt. Aber das Buch passt doch auch irgendwie zum Flüchtlingsthema, das sich derzeit in Europa abspielt.
 
Bemerkenswert auch, das der Islam zwar die Staatsreligion unter dem Shah war - aber Frauen waren gleichberechtigt und konnten auch politische Ämter innehaben. Die privaten Fotos der Familie Nafisi zeigen von den 30er Jahren an bis knapp vor dem Umsturz Frauen in ganz normaler europäischer Kleidung, auch ärmellos und mit Spaghetti-Trägern, die Haare europäisch frisiert. Keine Frau der Familie trägt das Kopftuch oder den Tschador. Nafisi selbst wurde an der Universität gekündigt und durfte nicht mehr unterrichten, weil sie den Schleier verweigert hat.
 
Das Buch beschreibt auch sehr gut, wie das iranische Volk - um den Shah loszuwerden - Khomeini unterstützt hat - und dann feststellen musste, das alles viel, viel schlimmer geworden ist.

Ich habe das Buch interessanterweise fast genau 10 Jahre nach Anahita Firouz' "In the Walled Gardens" gelesen, indem es sich um dieselbe Thematik gehandelt hat. Auch diese Familie ist vor der islamischen Revolution nach Europa und dann nach Amerika geflüchtet. Und auch das war ein ganz tolles Buch.
 
Mein nächstes Buch wird dann wieder Zeitgeschichte sein - und wieder ein Flüchtlingsthema beinhalten - auch wenn ich es für mein Donauprojekt lesen werde, für das Land Ungarn.
 
Mein Neues:

György DALOS
1956
Der Aufstand in Ungarn

Inhalt: György Dalos’ Buch über den Aufstand in Ungarn verleugnet nicht, das Werk eines Schriftstellers zu sein. Er erzählt aus der Sicht der Protagonisten – der führenden Politiker wie der einfachen Leute – eindringlich und bewegend den Verlauf des Aufstandes bis zu seinem tragischen Ende.

Der ungarische Volksaufstand (23. Oktober – 4. November 1956) wurde von niemandem geplant. Er brach als spontaner Protest gegen die Lüge und Gewalt der Diktatur unter Mátyás Rákosi (1949–1953) sowie die Verhinderung der Reformen unter Imre Nagy (1953–1955) aus. Auf die ursprünglich friedliche Demokratiekundgebung der Universitätsjugend antwortete die erschrockene KP-Führung mit einer Bitte an Moskau um Hilfe. Die Intervention der Roten Armee löste einen bewaffneten Widerstand aus, in dem ein paar Tausend Freischärler mit ihrer Taktik der Stadtguerilla einige Erfolge gegen die Besatzer erreichen konnten. Die Regierung von Imre Nagy gab allmählich den Forderungen der Straße nach: Sie akzeptierte das Mehrparteiensystem, erklärte den Austritt des Landes aus dem Warschauer Vertrag und die Neutralität Ungarns nach österreichischem Muster. Die Sowjets begannen mit dem Rückzug ihrer Truppen aus Budapest. Einige Tage lang erschien eine friedliche Weiterentwicklung möglich. Diese Hoffnungen wurden jedoch durch den erneuten sowjetischen Einmarsch zerstört.
 
Dalos’ Chronik des Aufstandes faßt die Ereignisse auf der Grundlage neuester Kenntnisse – nach Öffnung der Archive – und zahlreicher Interviews mit Zeitzeugen prägnant zusammen. 17 Aufnahmen des Magnum-Photographen Erich Lessing, der für seine Reportagen über die ungarische Revolution den American Art Directors Award erhielt, illustrieren den Band.

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