Donnerstag, September 25, 2008

Schnell was Dünnes

Nachdem ich mir am Samstag endlich mein Rabenbuch holen möchte, lese ich jetzt nur ein dünnes Buch mit knapp 200 Seiten so für zwischendurch.




Jeanette WINTERSON
Das Geschlecht der Kirsche

Das Geschlecht der Kirsche verschmilzt eine Vielzahl von Erzählstimmen zu einem barocken Prosagebilde, in dem Kröten Madrigale singen, tanzende Prinzessinnen nachts aus ihrem Turm fliegen, ein Haus ohne Decke und Boden existieren kann - überhaupt, das Buch strotzt vor merkwürdigen und wunderbaren Dingen. Die Heldin, die wuchtigmassige Hundefrau - ohne Frage die anziehendste und zugleich abschreckendste Riesengestalt der Literatur seit Gargantua - lebt im London des siebzehnten Jahrhunderts in einer Hütte am Ufer der Themse. Die Hundefrau verdient ihr Geld mit Schaukämpfen und Hunderennen, zu denen sie eigens seltsame Kreaturen aus Wildschwein und Hund heranzüchtet. Im Laufe der Buches erhascht der Leser, gemeinsam mit der Hundefrau und ihrem Adoptivsohn Jordan, einen Blick auf die erste Banane, er durchlebt mit ihnen den Bürgerkrieg und wird Zeuge der Hinrichtung von King Charles - diese historischen Fakten sind im Grunde jedoch lediglich das Zierwerk einen extravaganten Fabel, und es wäre falsch anzunehmen, daß die Handlung in einer ganz bestimmten Epoche oder gar in einer ganz bestimmten Stadt spielt: Leichthändig wie eh und je überwindet die Erzählerin Jeanette Winterson alle konventionellen Vorstellungen von Raum und Zeit. Und doch "hat ihr Werk eine Solidität und Zielgerichtetheit, die es weit über das Modische hinwegführen." (London Review of Books).

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