Samstag, Oktober 02, 2010

Historisches New York

Heute mußte ich nach dem Abendessen wieder einmal sehr schnell entscheiden, was ich als Nächstes lese. Wohlweislich habe ich mir aber schon ein paar interessante Bücher obenauf gelegt,..

Entschieden habe ich mich dafür:


Russel SHORTO
New York
Inseln in der Mitte der Welt
Wie die Stadt der Städte entstand

Kurzbeschreibung: "Insel in der Mitte der Welt": Einen treffenderen Buchtitel hätte der US-Journalist Russell Shorto kaum finden können, denn er spiegelt das weltweite Image der "Stadt der Städte" ziemlich gut wider. "City that never sleeps" und "Big Apple" sind ja noch harmlose Beinamen, "Finanzzentrum oder Nabel der Welt" bringen schon deutlicher zum Ausdruck, dass die Großstadt am Hudson River meistens Superlative für sich beansprucht. Die Terrorakte des 11. September haben natürlich das Übrige zur vollständigen Mystifizierung der ostamerikanischen Metropole beigetragen.
Nun bringt das Buch mit eben jenem heroischen Untertitel ordentlich Wind in die Stadtgeschichte, mehr noch: Eigentlich stellt es alles auf den Kopf, weil es die alten Geschichten von den Anfängen der Stadt radikal umschreibt und damit auch die Gründungsmythen der Nation in Frage stellt. Die Grundthese lautet nämlich: Ohne die Holländer und andere nicht-englische Europäer sähe Amerika heute komplett anders aus. Während die englischen Puritaner weiter nördlich in Neu England und südlich in Virginia sich ihre religiös streng abgegrenzte Welt erbauten, waren die ersten Bewohner Manhattans ein bunt zusammengewürfelter Haufen von geschäftstüchtigen Händlern, Handwerkern, Kneipenwirten und allerhand Dienstleistern noch geringeren Ansehens. Sie hatten keine großen gesellschaftsphilosophischen Ideale mit sich gebracht, zeichneten sich jedoch durch religiöse und ethnische Toleranz und Offenheit aus und waren so, laut Shorto, ziemlich modern. Die ersten Jahrzehnte holländischer Kolonisation, bisher als skurriles und durchaus vernachlässigenswertes Präludium angesehen, enthüllt der Autor so als Exposition aller Themen, die wir heute als uramerikanisch begreifen.

Fazit: Die Lektüre ist für ein quasi-wissenschaftliches Werk unerhört fesselnd. Auch Leser, die weder eine besondere Affinität zu New York noch zu wissenschaftlichen Werken an sich haben, werden sich von dem packenden Schreibstil anstecken lassen. Die anderen sowieso, denn fundiert ist das Buch allemal, schließlich arbeitet der Spezialist für das Niederländisch des 17. Jahrhunderts seit 1973, als er in einem Kellerraum einer Bibliothek auf 12.000 Seiten angeschimmeltes, aber inhaltlich hoch brisantes Papier gestoßen ist, an der Wiederentdeckung einer untergegangenen Welt. Nun ist der sensationelle Schatz geborgen. Und stellt so einen weiteren Baustein im Gesamtkunstwerk New York dar.

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